Die Aktualität und Bedeutung von Prophetie (Prophetie Teil I)

von Johannes Justus

Existiert Prophetie heute noch?

Gott verheißt uns, dass er in den letzten Tagen seinen Geist auf besondere Art und  Weise auf alle seine Nachfolger ausgießen möchte und sie durch diesen Geist unter anderem Träume und prophetische Eindrücke erhalten werden (Joel 3,1). Paulus spricht im 1 Korintherbrief aber auch davon, dass Prophetie einst vergehen wird. Ist es bereits soweit? „Ja“ sagen einige: Sie ist wie die anderen Wirkungen des Geistes auf das apostolische Zeitalter zu begrenzen und mit der Abfassung der Texte des Neuen Testamentes nicht mehr von Nutzen gewesen.

Ein großer Teil der Christenheit interpretiert die Texte des Neuen Testaments allerdings anders und das zu Recht. Paulus gab eine zeitliche Begrenzung für diese Form des Wirkens des Heiligen Geistes, allerdings sprach er nicht von der Gegenwart, sondern von der endzeitlichen Zukunft. Die Korinther glaubten bereits am Ziel angelangt zu sein, sodass sie nicht mal mehr von einer Auferstehung der Toten ausgingen (1 Kor 15,12). Das Wirken des Geistes war aus ihrer Sicht eine Bestätigung ihrer Vollendung (1 Kor 14,20ff). Paulus aber klärte sie auf und machte ihnen deutlich, dass auch dieses Wirken des Heiligen Geistes aufhören werde, wenn das Reich Gottes in seiner Fülle angebrochen ist, da die Gaben des Geistes dann nicht mehr nötig sein werden (1 Kor 13,8ff).

Auf der Tagesordnung des damaligen Gemeindelebens

Trotzdem ist das prophetische Reden rar in unseren Kirchengemeinden. In der Geschichte der Kirche traten vereinzelt kleine Gruppen auf, die sich darin betätigten. Dabei wird von allen Charismen des Geistes die Prophetie im Neuen Testament am häufigsten erwähnt. Diese Häufigkeit legt den Schluss nahe, dass Prophetische Rede in den frühen Gemeinden sehr verbreitet war. Dies hängt natürlich auch mit dem jüdischen Erbe der Gemeinden zusammen, allerdings unterscheidet sich die erbauende Prophetie im Neuen Testament von den vielen Gerichtsworten der Propheten des alten Israels deutlich. Also wird man dennoch feststellen müssen, dass uns die Prophetie im Neuen Testament deshalb mit einer so großen Selbstverständlichkeit begegnet, weil sie zur Tagesordnung des damaligen Gemeindelebens gehörte. Bedenken sollte man dabei auch, dass Paulus fast nur über sie sprach, wenn Probleme in einer Gemeinde auszuräumen waren und sonst über sie schwieg (1 Thess 5,19; 1 Kor 12). Die Prophetie ist also keine Modeerscheinung oder ein neuer Trend. Es ging in den frühen Gemeinden wohl sehr viel prophetischer zu als in einigen unserer Kirchengemeinden.

Breite Zurückhaltung in der Gegenwart

Woran liegt es aber, dass so eine große Reserviertheit über diese wichtige Gabe Gottes an seine Kirche herrscht (1 Kor 14,5)? Es ist allgemein bekannt, dass durch prophetische Rede auch Missbrauch stattfinden kann und Unfälle passieren können. Wie auch in anderen Bereichen des Lebens lassen sich Unfälle am besten durch Ursachenvermeidung ausschließen.

Das Gute behaltet

Ich glaube nicht, dass die Vermeidung von Unfällen und Fehlern durch die Vermeidung von prophetischer Rede selbst aufrechterhalten werden sollte. Paulus gibt uns im Neuen Testament Anweisungen darüber wie Fehler und Unfälle vermieden werden können. So soll die Gemeinde z.B. über die Eindrücke von Propheten urteilen: Auch von den Propheten lasst zwei oder drei reden, und die andern lasst darüber urteilen. (1 Kor 14,29)

Ihm kommt es also auf die Reflexion der prophetischen Worte durch die Gemeinde an und nicht auf ihre Vermeidung. Ein sehr bekannter Vers, der oft für allerlei Beurteilung zitiert wird, spricht zunächst auch über das Reflektieren von Prophetischen Worten: Prophetische Rede verachtet nicht. Prüft aber alles und das Gute behaltet. (1 Thess 5,20 u. 21)

Mich erinnert dieser Prüfungsprozess immer wieder an die Goldgräberzeit. Ein Goldgräber musste sehr viel Erde und Schmutz wegschaffen, um an das kostbare Gold zu kommen. So ist es vielleicht auch ein stückweit mit der Prophetie. Nicht alles Prophezeite ist Gold. In menschlichen Worten begegnet uns auch viel Menschliches. Auch als Gottes Werkzeuge bleiben wir doch fehlbare Geschöpfe. Es liegt an uns, dass Gold in dem Gesagten zum Vorschein zu bringen. Dabei ist Paulus eigentliches Anliegen, dass wir das Gute, das durch prophetische Worte weitergegeben wird, „behalten“.

Unser Herr Jesus Christus hat seiner Kirche eine wertvolle Gabe gegeben, die eine große Bedeutung in der frühen Christenheit hatte. Es wäre zu schade, wenn wir angesichts von Fehlern und Unfällen auf diese Gabe verzichten würden. Ich persönlich entscheide mich dafür, diese Gabe zu leben. In meinem nächsten Artikel werde ich mich erneut dieser Gabe widmen.

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