Die Zeichen der Zeit erkennen und einordnen

von Johannes Justus

Das kommt mir so bekannt vor. Je nach gesellschaftlicher und politischer Situation wird die Frage mal mehr, mal weniger intensiv diskutiert: Wann wird Jesus Christus wiederkommen und wie wird es sein?  So ist mir die aktuell neu entflammte Diskussion um das Thema nicht gänzlich unbekannt.

Die aktuelle COVID-19-Situation hat enorme Einschnitte in unseren gewohnten Alltag gebracht – Einschnitte, die einige unter uns in der Form wohl zum ersten Mal erleben. So manch eine geglaubte Sicherheit gerät unter diesen Umständen ins Wanken und die Vorstellung, wir hätten Vieles in der Hand, wird stark erschüttert. Und als wäre das nicht genug, erreichen uns Mitten in dieser Krise weitere Bilder und Nachrichten von Unruhen, Hungersnöten, Kriegshandlungen, organisiertem Kindesmissbrauch und andere Hiobsbotschaften.

Wie auch immer man die aktuelle Situation deuten und bewerten mag – das Wiederkommen Jesu rückt näher. Und so ist es nicht verwunderlich, dass sich gerade viele die gleiche Frage stellen, wie schon die Jünger Jesu damals:

„Sag uns doch: Wann wird das geschehen, und welches Zeichen wird deine Wiederkunft und das Ende der Welt ankündigen?“

Mt 24,3b NGÜ

Ist der genaue Zeitpunkt wirklich schon jemandem bekannt? 

Ja, das ist er. Unser himmlischer Vater kennt den Zeitpunkt, denn er ist es, der ihn festgesetzt hat. Insbesondere in der aktuellen Krise werden vermehrt Experten auf den Plan gerufen, die zu wissen meinen, was nun genau passiert und was uns als nächstes erwartet, bis schließlich Jesus wiederkommt. So entstehen immer neue Theorien über den Zeitpunkt der Wiederkunft Christi und das damit verbundene Auftreten des Antichristen.

Infolgedessen werden Personen gesucht und scheinbar ausfindig gemacht, die in diese Rolle passen könnten und damit unsere Vorstellungen bedienen. Das ist nicht verwunderlich. Denn seit Jesu Himmelfahrt gab es Menschen, die meinten, sie wüssten das exakte Datum der Wiederkunft Jesu und deuteten die damaligen Weltereignisse entsprechend. Viele dieser Deutungen haben sich inzwischen von selbst erledigt. So benutze ich auch diesbezüglich gerne das Sprichwort: „Was gestern galt, ist heute schon alt.“ Dabei war Jesu Antwort auf die bereits erwähnte Frage nach dem Zeitpunkt seiner Wiederkunft unmissverständlich:

„Doch wann jener Tag und jene Stunde sein werden, weiß niemand, auch nicht die Engel im Himmel, nicht einmal der Sohn; nur der Vater weiß es.“

Mt 24,36 NGÜ

So werde auch ich immer wieder gefragt: „Johannes, wann kommt Jesus?“ Wie gut, dass ich darauf keine Antwort geben muss.

Auch, wenn das Neue Testament einige weitere Details über die Wiederkunft Christi beinhaltet, so wird deutlich, dass auch die Schreiber des neuen Testaments die von Jesus gezeichnete Linie bezüglich seiner Wiederkunft weiterziehen – so auch Paulus:

„Von den Zeiten aber und Stunden, Brüder und Schwestern, ist es nicht nötig, euch zu schreiben; denn ihr selbst wisst genau, dass der Tag des Herrn kommt wie ein Dieb in der Nacht.“

1Thess 5,1-2 LUT

Diese Aussage von Paulus finde ich absolut bemerkenswert. Er beteiligt sich nicht an Spekulationen um den genauen Zeitpunkt der Wiederkunft Jesu, sondern schlägt eine ganz andere, eher ermutigende und tröstende Richtung ein (1. Thess 4,18 und 5,11). Dieser Umgang mit dem Zeitpunkt der Wiederkunft Jesu imponiert mir und ich genieße die dadurch freigewordene Zeit gerne. Einige Zeitgenossen dagegen haben ihre Zeit nicht genossen, weil sie zu viel Zeit investiert haben, um den genauen Zeitpunkt der Wiederkunft Jesu Christi herauszufinden.

Die Zeichen der Zeit erkennen

Ohne Frage leben wir gegenwärtig in einer „Endzeit“. Dies allerdings bereits seitdem Jesus am Kreuz gestorben und dann wieder auferstanden ist. So lebten schon die Apostel in einer permanenten Erwartung der Wiederkunft Christi und waren überzeugt, dass sie in der Endzeit leben.

Wird deshalb die Wiederkunft für alle Menschen die zu dem Zeitpunkt auf der Erde leben unvorhersehbar und überraschend sein? Für den ein oder anderen schon. Jesus sagte, dass es wie „zu den Zeiten Noahs“ sein wird (Lk 17,26). Aber wie war es den zu Noahs Zeiten? Die Bibel sagt, dass die Menschen in Sorglosigkeit lebten und ihren gewohnten Beschäftigungen nachgingen. Sie haben vergessen, dass sie nur auf der „Durchreise“ sind und haben damit einen Teil des Lebens ausgeblendet – dabei haben wir hier keine bleibende Heimat (Hebr 13,14). Sie fokussierten sich völlig auf das Leben auf der Erde, obwohl wird die Erde und alles auf ihr vergehen wird (Mt 24,35). Für solche Menschen, kann die Wiederkunft Jesu durchaus überraschend kommen.

Natürlich sind Katastrophen ein Indiz für das nahende Ende, denn Jesus selbst spricht dies beispielsweise in Mt 24 an. Schwierige Zeiten werden uns folglich leider nicht erspart bleiben. Dennoch frage ich mich persönlich, ob wir gerade tatsächlich mehr Kriege und Katastrophen erleben, als zu anderen Zeiten der Menschheitsgeschichte? Manche Historiker sagen ja. Meiner Beobachtung nach sind aktuelle Ereignisse durch die mediale Welt präsenter als zuvor und rücken dadurch schärfer in unseren Fokus. So wird ihre Anzahl zumindest „gefühlt“ zunehmend größer.

Was mache ich nun damit?

Die Beschreibung der Endzeit in der Bibel ist nicht gerade rosig. Doch bei all den apokalyptischen Szenarien steht am Ende der Sieg Jesu Christi fest. Darüber, wer inwiefern betroffen sein wird, lässt sich unterschiedlich deuten. Doch selbst, wenn uns das alles nicht erspart bleibt, finden wir unsere Hoffnung in der Gewissheit, dass wir bei und mit Jesus sein werden – zusammen mit vielen anderen, die wir zu Jesus und damit zur Erlösung führen.

So ist die Hoffnung stets größer als alle Furcht vor dem Kommenden. Es ist in Ordnung, Ängste vor dem Kommenden zu haben. Sie halten wach und sensibilisieren uns. Sören Kierkegaard erwähnte einmal sinngemäß, dass uns die Angst in der Hoffnung klug machte. Hierbei stimme ich Kierkegaard zu; ich meine jedoch keine lähmende Angst, sondern eine Art Vorsicht. Diese bleibt immer „die Kehrseite der Hoffnung“ (Jürgen Moltmann).

Dass wir durch die endzeitlichen Ereignisse Schmerzen erfahren könnten und es uns wütend machen würde, lässt sich kaum leugnen. Unsere Gefühle sind nun einmal da und lassen sich nicht wirklich vermeiden. Sie sind an sich noch nicht dramatisch. Die Frage ist: Wie soll ich mit ihnen umgehen? Wohin richte ich meine Wut? Paulus regt diesbezüglich an, dem Zorn nicht freien Lauf zu lassen: „Wenn ihr zornig seid, dann versündigt euch nicht“ (Eph 4,26). Gleichzeitig soll das nicht bedeuten, dass ich alles herunterschlucken soll. Stattdessen gehe ich damit zum Herrn, wo er mir die Last abnimmt und Frieden gibt. Auf diese Weise kann aus Wut und Zorn Klarheit entstehen und ich kann proaktiv handeln.

Und was ist mit der Gemeinde Jesu?

Wird sie in dieser Zeit bestehen oder ist es dann aus mit ihr? Die Geschichte zeigt uns, dass die Gemeinde Jesu Christi durch alle Erschütterungen und Hindernisse hindurchgetragen worden ist. Ihr Licht konnte nicht ausgelöscht werden. Denn Jesus sagt: „Ich werde meine Gemeinde bauen und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen“ (Mt 16,18).  

Bis dahin empfehle ich uns allen wachsam Ausschau zu halten – nicht nach Impfstoff, Unglück, irgendeiner Weltherrschaft oder der nächsten Katastrophe – sondern nach unserem Herrn Jesus Christus.

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