Vor längerer Zeit berichtete mir ein junger Mann, dass seine Partnerin ihm sehr weh getan hat und dies wohl auch keine Seltenheit in ihrer Partnerschaft sei. Er berichtete, dass sie alle seine Werte ignoriere und genau wüsste, dass sie ihm weh tat. Er war wütend und enttäuscht darüber. „Was soll ich tun?“ fragte er mich.
Ich fragte ihn, ob ich ihm ein paar Fragen stellen dürfe. „Nur zu“ erwiderte er.
1. Behandelst du deine Partnerin höflich und zuvorkommend?
Es fiel ihm schwer, meine erste Frage zu bejahen. Wenn ihm etwas nicht passte, war es schnell mit seiner Geduld vorbei. Er war schnell gereizt und sprach häufig fordernd mit ihr. In Konflikten verlor er auch Mal seinen Anstand und wurde laut und unverschämt. Das alles natürlich im Dienste der guten Sache, welche war, sein Recht zu bekommen und sich zu verteidigen.
Wer allerdings so mit seinem Partner umgeht, braucht sich nicht wundern, wenn die Partnerschaft darunter leidet. Denn wer sein Gegenüber nieder macht, um sich durchzusetzen, zwingt es zum Rückzug und zur Isolation. Die Folge ist, dass der Partner einem ähnlich begegnen wird.
In Partnerschaften gibt es eine Art „Giftschrank“, aus dem sich die Menschen sehr oft bedienen, um Recht zu bekommen, sich zu schützen oder einfach den eigenen Willen durchzusetzen. Zu diesen Giften gehört z.B. eine erhöhte Gesprächslautstärke oder ständiges Nörgeln, statt offen über Gefühle und Wünsche zu sprechen.
Menschen, die laut werden zeigen, dass sie ihre Emotionen nicht im Griff haben und drücken damit auch eine Geringschätzung des Gegenübers aus. Man mag in dem Moment und auch kurz danach nicht glücklich über das eigene Verhalten sein, doch bald ist es vergessen. Gewöhnlich erlaubt man sich alles und verzeiht sich vieles, anderen jedoch erlaubt man wenig und man verzeiht ihnen auch nur schwer. Hier beißt sich nun die Katze in den Schwanz.
Konstruktiver für alle Beteiligten wäre ein wertschätzender und würdigender Umgang. Dies gilt besonders auch für Konflikte. Wenn der Partner weiß, dass ihm in allen Situationen Achtung und Respekt begegnen werden, wird er dies in der Regel anerkennen und dadurch werden Vertrauen und Zuneigung wachsen.
Dabei soll es weniger auf die Worte ankommen, die man sagt, als auf den echten Respekt und auf Handlungen, welche die Hochachtung vor dem Gegenüber ausdrücken.
Die Bibel gibt auch für solche Lebensfragen eine Antwort, die zwar vielen bekannt ist, doch in Beziehungsfragen häufig nicht präsent ist:
Alles, was ihr wollt, dass euch die Menschen tun, das tut auch ihnen! (Mt 7, 12)
2. Kritisierst du deine Partnerin und widersprichst ihr auch öffentlich?
„Nun, wenn Dinge offensichtlich nicht richtig von ihr dargestellt werden, dann möchte ich sie schon korrekt dargestellt haben.“
Auch die Kritik gehört zu einem häufig verwendeten Mittel aus dem eben beschrieben „Giftschrank“. Häufig diskutieren Paare übereinander und zeigen sich gegenseitig ihre Schwächen und Defizite auf. Ratsamer wäre es, darüber zu sprechen, was genau nicht gelingt und warum es erstrebenswert wäre, diese Dinge gelingen zu lassen. Stattdessen sollten sie nicht über vermeintliche Charakterschwächen und Fehler diskutieren, sondern sich mehr Lob und Wertschätzung weitergeben.
Selbst wenn man wütend ist, ist dieses Gift nicht zu verwenden. Die Wut selbst kann auch ein Gift sein, wenn sie nicht nach einiger Zeit verfliegt. Negative Gefühle schaden einem mehr, als sie dem Partner zur Umkehr bewegen. Besser ist es transparent mit den eigenen Gefühlen umzugehen und die eigenen Gründe zu benennen.
Das was geschehen ist und gesagt wurde lässt sich nicht mehr ungeschehen machen, aber man hat noch Einfluss auf die Folgen und Wirkungen. Ich empfehle den Menschen, statt einer Fehlerkultur eine Segenskultur zu schaffen, wie die Bibel es beschreibt:
Segnet, die euch verfluchen; bittet für die, die euch beleidigen. (Lk 6,27)
Kritik am Partner in der Öffentlichkeit verstärkt das Gift zusätzlich. Damit werden die Verletzungen des anderen noch größer, da er öffentlich bloßgestellt wird. Zudem werden die anwesenden Zuhörer die Arroganz und Bevormundung nicht gutheißen. Letztlich werden also beide Seiten bloßgestellt. Besser ist es daher, das Gespräch unter vier Augen zu suchen und zu klären, was wie gemeint war.
3. Du achtest sicherlich deine Partnerin und bewunderst sie?
Auf meine dritte Frage konnte der junge Mann mit leider wieder keine positive Antwort geben. „Naja, man kann nicht immer nur positiv über den Partner denken. In vielen Lebensfragen ist sie einfach unreif.“
Jesus sagt in einer Situation über die Pharisäer:
Denn wovon das Herz überfließt, davon spricht der Mund. (Mt 12,34)
Das, was man vom anderen hält wird sich früher oder später bemerkbar machen. Selbst wenn man Dinge nicht ausspricht, wird die eigene Überzeugung sichtbar werden. Denn „man kann nicht nicht kommunizieren.“ (Paul Watzlawick)
Ich sagte ihm also, dass wenn er seine Partnerin bewundern und achten würde, sie dies auch spüren würde. Einem Menschen, der sie nicht verachtet, sondern offensichtlich bewundert und schätzt, würde sie schwerer verletzend begegnen. Jemandem, der ihr immer wieder das Gefühl gibt, dass sie unreif sei, würde sie wahrscheinlich ähnlich begegnen. Ich sagte ihm, dass es dringend an der Zeit sei, die Begeisterung für seine Partnerin wiederzufinden. Dies gelingt z.B. indem man sich regelmäßig Gedanken darüber macht, für welche Eigenschaften des Partners man dankbar sein kann.
Es ist nicht hilfreich sich selbst als zu klug anzusehen und den anderen zu belächeln oder gar zu verachten. Dies ist nämlich ein weiteres Mittel aus dem „Giftschrank“. Alle Menschen haben ihre eigenen Defizite. Sich darüber lustig zu machen oder sie immer wieder zu thematisieren schadet nur der Seele des Partners. Ratsamer ist es, selbst weniger zu glänzen und Gelegenheiten zu schaffen, wo der Partner sich von seinen vorteilhaften Seiten zeigen kann. Dies stärkt sein Selbstbewusstsein und schließlich auch die Beziehung.
4. Beachtest du Regeln im Streit?
„Welche Regeln? Wenn wir streiten, dann diskutieren wir halt bis das Problem gelöst ist.“
Wenn man streitet, dann gibt es einige Regeln auf die man achten sollte, denn sonst gerät man in eine Negativspirale der Abwertung. Aus dieser wieder herauszukommen ist schwerer als man denkt. Der Psychologieprofessor John Gottman hat streitende Paare beobachtet und studiert. Nach eigenen Angaben ist er in der Lage, eine Scheidung mit 91%ger Sicherheit vorauszusagen, wenn er ein Paar nur 5 Minuten in seinem Labor beobachten kann. Es spielt dabei für ihn keine Rolle, ob das Paar streitet oder nicht. Beobachtet er ein Paar beim Streit ist seine Trefferquote noch höher. Er hält Paare besonders für gefährdet, wenn sie sarkastisch werden und im Streit zu Giftmitteln wie Kritik, Verachtung, Rechtfertigung und Mauern greifen.
Daher sehe ich es als sinnvoll an, Regeln für das Streiten einzuhalten:
- Wenn zu „Giftmitteln“ gegriffen wird, dann sollte ein Gespräch lieber abgebrochen und an einen Zeitpunkt verschoben werden, an dem sich die Gemüter abgekühlt haben. Dies sollte frühstens 20-30 Min später sein, da nachgewiesen werden konnte, dass kürzere Zeit besonders für Frauen nicht ausreichen.
- Bleiben Sie sachlich bei Diskussionen. Um was genau geht es beim Konflikt eigentlich?
- Im Streit geht es nicht darum, den Partner zu besiegen, sondern eine gemeinsame Lösung zu finden. In manchen Fällen bedeutet dies auch, Kompromisse zu machen.
- Rechtfertigen Sie sich nicht für das, was Sie getan haben, sondern übernehmen Sie Verantwortung. Gestehen Sie sich auch Fehler ein.
- Geben Sie dem Partner recht, wenn er recht hat und zeigen Sie Verständnis für die andere Position.
Ihr Partner/Partnerin ist der wichtigste Mensch in Ihrem Leben. Genießen Sie die Zeit mit ihm und lassen Sie Ihre Beziehung nicht durch Konflikte kaputtgehen.
Das Buch von John Gottman: