Was macht einen guten Leiter aus?

von Johannes Justus

Durch meinen Reisedienst komme ich mit sehr vielen geistlichen Leitern und werdenden Leitern ins Gespräch. Häufig werde ich von ihnen gefragt, was einen guten Leiter ausmacht. Was für Eigenschaften sollte ein Leiter mitbringen, damit er sein Umfeld nachhaltig prägen kann und erfolgreich in seiner Tätigkeit bleibt? Aufgrund dieser wiederkehrenden Fragen beschäftigte ich mich in der letzten Zeit viel mit dem Thema und glaube 7 Eigenschaften ermittelt zu haben, die meiner Meinung nach für einen geistlichen Leiter unabdingbar sind. Meine Aufzählung ist natürlich nicht erschöpfend. Um gut leiten zu können, muss man über viele Eigenschaften verfügen, doch denke ich, dass die folgenden 7 von besonderer Wichtigkeit sind.

 

1 Ein Leiter muss gottesfürchtig sein

Das Wort Gottesfurcht mag für den einen oder anderen vielleicht etwas altmodisch klingen, allerdings ist sie für jeden Glaubenden essenziell und besonders für Personen mit einer Leitungsfunktion. König Salomo schrieb, dass sie „der Anfang der Erkenntnis“ ist (Spr 1,7). Auch das Neue Testament spricht einige Male von der Gottesfurcht. Sie darf nicht als ein Fürchten vor Gott verstanden werden. Vielmehr ist sie die Furcht des Menschen, dass man sich aus Mangel an Achtung vor Gott seines Segens entzieht.

Diese tiefe Ehrfurcht ist wichtig, wenn man eine fruchtbare Arbeit machen möchte, denn wer wenig Achtung vor unserem Herrn und seinen Geboten hat, der entzieht sich tatsächlich den Möglichkeiten Gottes. Man steht dann in der Gefahr, auf menschliche Art und ohne sein Mitwirken zu arbeiten. Doch dies wird nicht lange gut gehen können (Joh 15,5).

 

2 Ein Leiter muss geisterfüllt sein

Werkezuge für Führungskräfte aus der zeitgenössischen Literatur sind sehr hilfreich und auch ich setzte mich immer wieder mit säkularer Leiterschaftsliteratur auseinander. Doch ein Leiter, der sich auf verschiedene Techniken stützt und nicht vom Heiligen Geist führen lässt, wird ebenfalls nicht lange wirkungsvoll sein können. Denn als Glaubende bauen wir Gottes Reich und kein menschliches Reich. Geistliche Dinge müssen auch geistlich erfasst werden. Man darf sich vieler Inspirationsquellen bedienen, doch kann es ohne die Führung des Heiligen Geistes und sein Kraftfeld ziemlich mühsam werden. Wir sehen in der Apostelgeschichte z.B., dass die Apostel durch verschiedene Herausforderungen eingeschüchtert waren, doch durch die Kraft des Geistes neu belebt wurden und mutig die Herausforderungen meisterten (Apg 2,4; 4,31). Daher war es ihnen auch später wichtig, dass selbst Personen mit einer organisatorischen Aufgabe geisterfüllt sein mussten (Apg 6,3).

 

3 Ein Leiter muss wertebeständig sein

Auch Leiter werden nicht im luftleeren Raum geformt, sondern dürfen auf einen Sozialisationsprozess zurückschauen, der auch säkulare Prägungen enthält. Jeder Christ steht vor der Herausforderung, dass er irgendwann Dinge als gebräuchlich verstehen kann, die ihm laut der Bibel fremd sein sollten. Auch schon zu Paulus Zeiten standen die Glaubenden vor dieser Herausforderung, daher ruft er sie im Römerbrief auf, ihr Denken zu erneuern:

„Richtet euch nicht länger nach den Maßstäben dieser Welt, sondern lernt, in einer neuen Weise zu denken.“ (Röm 12,2)

Besonders Leiter dürfen die Werte der Heiligen Schrift nicht verwässern und sich dem Zeitgeist anpassen. Die Ausdrucksformen des Glaubens werden sich ändern, allerdings nicht die Werte des Glaubens.

 

4 Ein Leiter muss methodenprogressiv sein

Während ein guter Leiter die Heilige Schrift und ihre Werte hochhält, ist er zugleich in der Lage sie zeitgemäß zu kommunizieren. Die Inhalte des Wortes Gottes sind zeitlos, dies gilt allerdings nicht für die menschlichen Ausdrucksformen. Nur weil der Herr immer derselbe ist, bedeutet es nicht, dass er immer auf gleiche Art handelt.  Zeiten ändern sich und die Menschen verändern sich über die Zeiten. Gottesdienstformen, Formen des Gebets und der Anbetung und Leitungsstile, die z.B. in den 90er Jahren zweckdienlich waren, sind gegenwärtig vielen Menschen fremd und damit kontraproduktiv. Formen und Stile sind auch nicht geistlich, sondern lediglich der Inhalt, den sie vermitteln ist geistlich. Daher sollte ein guter Leiter nicht ewig gestrig sein, sondern in der Lage dazu sein, die Veränderung zu suchen und in der Zeit mit der Zeit das Reich Gottes zu bauen.

Das größte Hindernis des Erfolgs ist der Erfolg selbst. Erfolg lässt den Menschen bequem werden. Ein guter Leiter hält es aber mit Paulus, der von sich sagt

„Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich aus nach dem, was da vorne ist.“ (Phil 3,13)

Paulus konzentrierte sich stets auf sein Ziel, Christus näher zu kommen und dies verhinderte den Blick nach hinten oder den Stillstand. Der Spruch „Das haben wir schon immer so gemacht…“ sollte also einem Leiter fremd sein.

 

5 Ein Leiter muss über ein hohes Maß an sozialer Kompetenz verfügen

Ein guter Leiter muss über ausgeprägte soziale Fähigkeiten verfügen, um andere Menschen leiten zu können. Ich spreche gerne von einer umfassenden sozialen Kompetenz, denn es reicht nicht allein gut mit seinen Mitarbeitern umgehen zu können. Im geistlichen Dienst muss man auch in der Lage dazu sein, schwere Persönlichkeiten zu handhaben, eine gelingende Ehe zu führen und vor allem sich selbst leiten zu können. Die letzte Fähigkeit ist aus meiner Sicht die wichtigste. Zu ihr gehören Selbstmanagement, die richtige Selbstwahrnehmung und auch die Fähigkeit zu spüren, wie das eigene Umfeld einen wahrnimmt. Ein sozial kompetenter Mensch muss im Allgemeinen in der Lage dazu sein, sein Gegenüber zu spüren, es wahrzunehmen und auf dessen Gefühlswelt eingehen zu können. Ein Leiter, der nur über geringe soziale Kompetenzen verfügt wird auf Dauer keine Menschen führen können.

 

6 Ein Leiter muss mit Stolz umgehen können

Über Stolz wird in christlichen Kreisen relativ viel gesprochen und doch ist kein Leiter, der eine gute Arbeit, macht wirklich davor geschützt. Leiter werden sogar nahezu blind dafür, wenn sie über lange Strecken ihres Lebens sehr erfolgreich waren. Viele einflussreiche Leiter leiden an einem gewissen Punkt ihres Lebens fasst schon an einem Realitätsverlust. Selbst bei einem offensichtlichen Fehlverhalten ihrerseits, sind sie nicht mehr dazu in der Lage, sich ihre Fehler einzugestehen. Sie scheinen dies in einer gewissen Weise verlernt zu haben. Stolze Persönlichkeiten sind derart überzeugt von der eigenen Person, dass sie sich in ihre Ideen, Ansichten und Vorlieben nahezu verlieben und sie zum Maßstab für andere machen.

Die Bibel sagt, dass Gott dem Stolzen wiedersteht (Jak 4,6) und es ist sehr unangenehm Gott als Widerstandskraft zu erfahren. Personen, die meinen, dass ihr Gelingen zu großen Teilen auf ihrer eigenen Leistung beruht, werden sich sehr wundern, wenn alles um sie herum zu bröckeln beginnt.

 

7 Ein Leiter muss ein Ermöglicher sein

Ein guter Leiter muss in der Lage dazu sein, die Möglichkeiten Gottes für seine Mitmenschen zu sehen (Gal 2,8f) und ihnen diese zu vermitteln. Dies bedeutet aber nicht, dass er viel Phantasie haben muss. Wenn eine Person mit gewissen Gaben ausgestattet ist und eine besondere Berufung auf ihrem Leben liegt, bedeutet dies zwangsläufig, dass sie für andere Dinge nicht berufen ist. Die Fähigkeit, dies zu erkennen und zu kommunizieren muss ein guter Leiter ebenfalls besitzen, wenn durch seinen Dienst Segen und kein Schaden entstehen soll. In der Wirtschaft spricht man auch von Personen, die ein Mal zu viel befördert wurden und dann in ihrem Bereich Wachstum und Fortschritt blockieren. Sie aus diesem Bereich wieder raus zu bekommen dauert in der Regel lang und es geht dabei relativ viel Energie aller Beteiligten verloren. Leider passiert dies auch immer wieder in der Gemeinde Jesu. Auch ich habe diese Fehler einige Male gemacht und bereue sie bis heute. Ein geistlicher Leiter sieht die Gaben und Fähigkeiten der anderen Glaubenden, verhilft ihnen zur Entfaltung ihrer Gaben und korrigiert auch ihren Kurs, falls sie das suchen, was ihnen der Herr nicht gegeben hat.

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