Wenn der Heilige Geist durch Menschen wirkt, dann kommt es am Ende zu einem Ergebnis göttlicher und menschlicher Zusammenarbeit. Dies ist eine große Gabe an den Menschen, aber eine genauso große Aufgabe. Mit den Spannungen, die sich daraus ergeben, müssen wir lernen umzugehen.
Das Neue Testament ruft uns an vielen Stellen dazu auf, einander in den gottgeschenkten Gaben zu dienen (siehe meinen letzten Artikel). Meine Erfahrung ist, dass es dabei zu einem schönen Zusammenspiel zwischen Gott und Mensch kommen kann. Gerade durch die Charismen werden einzelne Personen und sogar ganze Gemeinden auferbaut, ermutigt und zurechtgebracht. Doch ebenso habe ich erlebt, dass ein Dienst in den Charismen für Verwunderung und Skepsis sorgen kann.
Wir dürfen den Menschen nicht als Kanal verstehen, der auf der einen Seite Gottes Reden empfängt und es dann ungefiltert auf der anderen Seite weitergibt. Vielmehr ist der Mensch ein Botschafter, der Gottes Reden immer gemäß seiner eigenen Persönlichkeit, Art und Prägung weitergeben wird (2. Korinther 5,20; Epheser 6,20). Schon bei der Abfassung der Bibel hat Gott die Persönlichkeiten der einzelnen Schreiber nicht ausgeschaltet, sondern sich vielmehr deren Persönlichkeiten bedient. Vor dem Charisma sollte deshalb immer der Charakter stehen.
Prüfen und das Gute behalten
Schon in neutestamentlicher Zeit hat man erkannt, dass eine Notwendigkeit zur Prüfung besteht; auch (oder gerade) wenn jemand im Auftrag Gottes geredet hat (1. Korinther 14,29). Was durch Menschen weitergegeben wird, soll geistlich beurteilt werden, damit man das Gute behalten und zur Anwendung bringen kann (1. Thessalonicher 5,21). Deswegen sollte niemand, der in den Charismen dient, sein Reden als absolutes Reden Gottes darbieten. Ich würde auch empfehlen, die Redewendung „So spricht der Herr“ zu vermeiden. Natürlich kommt es nicht auf unsere Redewendungen an. Manch einer sagt vielleicht: „Der Geist Gottes hat mir offenbart…“ Ein anderer sagt: „Das Wort Gottes hat zu mir gesprochen…“ Ein nächster sagt: „Ich habe einen geistlichen Eindruck empfangen…“ Diese Formeln sind nicht entscheidend. Wichtig ist, dass man seinen Dienst in der entsprechenden Geistesgabe nicht als vollkommenes Werk Gottes „verkauft“. Denn so macht man sich unantastbar. Wer aber nicht bereit ist, sich prüfen zu lassen, der ist auch nicht berechtigt, in den Geistesgaben zu dienen.
Die Prüfung sollte in zweifacher Hinsicht geschehen, nämlich auf Gehalt und Wirkung. Zunächst einmal muss geprüft werden, ob der Inhalt der Botschaft göttlicher Natur ist – und dabei ist die Bibel alleinige Richtschnur (Apostelgeschichte 17,11). Dann muss geprüft werden, ob sich der charismatische Dienst auch auswirkt. Denn Gott setzt seine Gaben immer zielorientiert ein, sodass sie etwas bewirken. Ein Charisma ergibt nur dann Sinn, wenn es sich am Ende als segensreich für Menschen erweist.
Ein weites Herz haben
Wir sehen also, dass der Dienst in den Charismen immer eine Verantwortung mit sich bringt – egal, ob man den Dienst ausführt, ob man ihn empfängt oder ob man ihn prüft. Ich ermutige dazu, ein weites Herz zu haben, lernwillig zu sein und Korrektur zuzulassen. Niemand von uns besitzt alle Weisheit und Erkenntnis (1. Korinther 13,9+10). So wird die Entwicklung unseres charismatischen Dienstes nie abgeschlossen sein, weil auch die Entwicklung unserer Persönlichkeit nie abgeschlossen ist. Der Heilige Geist möchte durch uns wirken; und wir sollten dies zulassen und darin wachsen.