Als Menschen tun wir uns schwer damit, Dinge zu glauben, die wir nicht sehen können. Und da der Heilige Geist unsichtbar ist, bleibt er für uns oftmals un(be)greifbar. Dennoch denke ich, dass wir den Heiligen Geist gewissermaßen sehen und vor allem erleben können.
Vielleicht bleibt uns der Heilige Geist in seinem Aussehen verborgen, doch in seinem Wirken und Handeln wird er uns offenbar. Denn sein übernatürliches Handeln wirkt sich aus in der natürlichen Welt. Es ist ähnlich wie mit dem Wind: Wir haben zwar keine äußere Gestalt des Windes vor Augen, und doch können unsere Augen täglich den Wind in seinem Wirken sehen. Nicht zufällig wird der Geist Gottes in den biblischen Sprachen mit den Begriffen für „Wind“ bezeichnet (Hebräisch ruach, z.B. 1. Mose 1,2; Hiob 33,4; Hesekiel 36,27 und Griechisch pneuma, z.B. Johannes 3,8; Apostelgeschichte 2,38; Römer 8,16).
„Ich weiß was!“ und „Ich erlebe was!“
Ich bin in einer gläubigen Familie großgeworden, die durch Baptisten- und Brüdergemeinden geprägt war. Für meine Eltern war es wichtig, dass wir als Kinder den Glauben an Gott verstehen konnten. Deshalb standen bei uns Lehre und Erkenntnis im Mittelpunkt. Wir wussten also, dass Gott lebendig ist, aber wir erlebten nur selten einen lebendigen Gott. Doch als junger Mann wollte ich genau das: Ich wollte erleben, wie die Welt des Übernatürlichen auf die Welt des Natürlichen traf. Das hat mich fasziniert und meinen Glauben gestärkt. Deshalb wollte ich nicht einfach das Glaubensverständnis meiner Eltern kopieren, sondern eigene Erfahrungen mit Gott machen. Ich war mir sicher: Christsein heißt nicht nur „Ich weiß was!“, sondern auch „Ich erlebe was!“.
Einmal besuchte ich einen Mann im Krankenhaus, der an MS erkrankt war. Ich erzählte ihm von Gott und dem Angebot der Erlösung, bis er mich etwas genervt fragte: „Was wollen Sie eigentlich von mir?“ „Ich will Sie im Himmel wiedersehen“, antwortete ich ihm. Daraufhin sagte er so etwas wie: „Machen Sie sich keine Sorgen, ich weiß doch alles über Gott.“ Ich fragte ihn, ob er auch gut über seine Frau Bescheid wusste, bevor er mit ihr zusammenkam. „Ja, ich wusste alles über sie!“, sagte er mir. So fragte ich ihn: „Und was hatten Sie davon?“
Es ist ein riesengroßer Unterschied, ob man über Gott Bescheid weiß oder ob man ihn wirklich kennt und erfährt. Eine Beziehung lebt nicht nur vom Wissen übereinander, sondern vor allem von den Erfahrungen, die man miteinander macht. Als Philippus dem skeptischen Nathanael von Jesus Christus berichtete, argumentierte er nicht mit tollen Fakten. Er sagte auch nicht: „Komm und verstehe!“ Sondern er sagte ganz einfach: „Komm und sieh!“ (Johannes 1,46). Auch heute noch sollten wir Menschen zu Jesus Christus rufen nach dem Motto: „Komme und sieh!“ Denn durch das Wirken des Heiligen Geistes, der ja das Werk und die Lehre Jesu Christi bezeugt, macht sich Gott für die Menschen ein stückweit sichtbar.
Natürlich geistlich
Der Heilige Geist bewirkt beides: Er führt uns einerseits in die Erkenntnis- und Wissensebene hinein, öffnet uns andererseits aber auch die Ebene des Erlebens und Erfahrens. Nein, unsere übernatürlichen Erlebnisse dürfen nicht zur Grundlage unserer Lehre werden. Aber unsere Lehre muss hinterfragt werden, wenn sie nicht zu Erlebnissen führt. Ich denke, dass es für uns und unsere Kirchengemeinden wichtig ist, dass wir uns immer wieder öffnen für das, was Gott durch seinen Geist unter uns wirken möchte. Es ist wichtig, dass wir uns von vorgefertigten Meinungen lösen und Gott in dem Wirken seines Geistes aktiv suchen und begehren. Manchmal mag es dabei notwendig sein, Blockaden in den Köpfen einzureißen, damit der Weg zum Herzen frei wird.
Eines meiner Mottos im Dienst lautet: „Im Geistlichen natürlich und im Natürlichen geistlich.“ Wenn wir das Wirken des Heiligen Geistes in unserem Alltag ganz natürlich erwarten, ist es nicht mehr ominös und dunkel. Ganz im Gegenteil: Es lässt uns klarer sehen.